Perspektivenwechsel mit Petra Zohren

Hallo liebe Amputees und Zweibeiner,

ich freue mich, dass es nach längerer Pause wieder mit den Perspektivenwechseln weitergeht auf meinem Blog!

Heute mit einer Anwenderin die schon beim Blogartikel über die Endo-Exo Prothesenversorgung ihre Expertise eingebracht hat: Petra Zohren gibt uns weitere Einblicke in ihr Leben mir Beinprothese.

1) Was war der Grund für deine Amputation und seit wann bist du amputiert?

Ich bin seit 24 Jahren, wegen eines Osteosarkom (Knochenkrebs) linksseitig Oberschenkelamputiert.

Meine Endo-Exo Operation war dann im November 2016, nachdem ich ständig Probleme mit dem Prothesenschaft hatte und eine Nachamputation im Gespräch war.

2) Was ist die größte Veränderung für dich mit der Amputation gewesen?

Es war eine geplante Amputation und schon im Vorfeld habe ich mir eine Beinprothese zeigen lassen. Ich musste wissen, was auf mich zukommt. Es war schon ein massiver Einschnitt in mein Leben. Die ersten Schritte werde ich wohl nie vergessen. Ich brauchte Mut, mich darauf einzulassen, der Beinprothese zu vertrauen. Damals gab es noch keine elektronischen Prothesen und ich erinnere mich noch an so manchen Sturz.

Ich muss auch zugeben mein Äußeres hat mich traurig gemacht. Gezeichnet von der Chemotherapie, stand ich nun auf einem Bein und es fiel mir schwer, diesen Anblick standzuhalten.

3) Wer und was hat dich bestärkt auf deinem Weg? Wer und was hat dich behindert?

Bei meiner Amputation war mein Sohn 12 Jahre alt. In der Zeit vor der Amputation, habe ich viel im Krankenhaus gelegen und viel in seiner Kindheit versäumt. Damals galt es wieder fit zu werden und für die Familie da zu sein.

In den 24 Jahren nach meiner Amputation hatte ich viel Ärger mit der Krankenkasse. Wir trafen uns schon vor Gericht und in die Presse habe ich sie auch schon gezerrt. Beides mal mit Erfolg!

Für meine Prothesenversorgung habe ich weite Strecken auf mich genommen, bis nach München. Aber jeder gefahrene Kilometer hat sich gelohnt.

Ich denke je offener ich mit meiner Situation umgehe, desto leichter hat es mein Umfeld. Ich habe mich mit meiner Behinderung akzeptiert, bin ausgeglichen und schaue positiv auf mein Leben.

Ich fühle eine große Dankbarkeit gut laufen zu können mit Beinprothese und aktiv zu sein.

4) Auf einer Skala von 1-10 wie zufrieden bist du mit dem Stand der Inklusion in Deutschland? Was müsste aus deiner Sicht passieren um diesen Wert zu erhöhen?

Ich würde den Stand bei 7 sehen. Eine Freundin von mir ist auch amputiert und momentan auf den Rollstuhl angewiesen. Im Umgang damit habe ich gespürt, wie schwer der Alltag damit sein kann bzgl. Bürgersteige, Treppen usw. Es muss dafür gesorgt werden, dass bauliche Barrieren reduziert werden.

Auch der Streit mit Kassen um eine gute Versorgungen, die eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglichen, muss sich ändern. Es kostet soviel Energie um sein Recht zu kämpfen. Nicht Jeder kann diese Energie aufbringen, daher muss die Bürokratie reduziert werden.

Ich spüre, dass Kinder offener auf mich zugehen als viele Erwachsene, diese könnten sich ein Beispiel an den Kindern nehmen.

5) Welchen Rat würdest du anderen Amputierten geben?

Heute haben Amputierte viele Möglichkeiten sich zu informieren. Die sozialen Medien machen es möglich und es kann eine große Hilfe sein. Wenn es darum geht, sich für eine Beinprothese zu entscheiden, kann ich nur sagen: testen …testen ..testen .

Versteckt euch nicht, denn unsere Situation, haben wir uns nicht ausgesucht! Hinter uns liegt ein Schicksal das uns stark gemacht hat und wir dürfen stolz sein zu leben!

Inzwischen kenne ich viele Amputierte persönlich. Es ist nett sich hin und wieder auszutauschen. Es ist eine Hilfestellung sein neues Leben zu akzeptieren.

Sicherlich helfen dabei auch die neuen Möglichkeiten, die Prothese zu einem Schmuckstück werden zu lassen mit Hilfe von Prothesencovern.

Niemals aufgeben, keine Kompromisse machen! Die passende Beinprothese ist unsere Lebensqualität!

Damit man sich ein gutes Gangbild aneignet ist es wichtig, eine Reha zu machen, die sich auf diesem Gebiet auskennt .

Es darf im Prothesenschaft nichts wehtun, weil es dann nicht möglich ist, vernünftig zu gehen. Das ist wie mit einem Schuh, wenn der drückt kann man auch nicht gehen.

Für mich ist der Orthopädietechniker eine wichtige Bezugsperson. Die Chemie muss stimmen. Manchmal muss man auch weitere Wege auf sich nehmen, wenn man ein gutes Ergebnis erhalten möchte. Ich habe auch schon den Techniker gewechselt, wenn ich gemerkt habe, dass ich zu keinem befriedigendem Ergebnis komme.

Setzt euch nicht unter Druck! Jede Amputation hat eine Ursache. Ihr müsst Niemandem etwas beweisen!

Wichtig ist es wieder auf die Beine kommen zu wollen, denn wenn der Wille nicht da ist, hilft die beste Beinprothese nix, denn auch eine elektronische Prothese, läuft nicht von alleine. Es braucht Disziplin und es ist ein langer Lernprozess.

Es wird sicher Rückschritte geben und sich auch mal Verzweiflung einschleichen, wenn die Anpassung länger dauert, sich Druckstellen gebildet haben etc. aber niemals aufgeben!

6) Was möchtest du noch gerne loswerden und soll die Welt über dich erfahren?

Inzwischen werde ich 61 Jahre und bin so dankbar, mit der Amputation mein Leben gerettet zu haben.

In meiner Freizeit verreise ich gerne, fahre Rad, gehe ins Fitnessstudio, gehe sehr gerne tanzen und singe in mehreren Pop Chören. Meine Beinprothese ermöglicht mir ein normales Leben zu führen und bis heute bin ich nicht im Besitz eines Rollstuhls .

Ich bin dankbar, mein Lachen und den Humor niemals verloren zu haben .

Sicherlich habe auch meine Momente wo es nicht so rund läuft, aber grundsätzlich hilft es positiv durchs Leben zu gehen. Jammern kostet auch Kraft und die Situation ändert sich damit nicht.

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