Inklusion auf dem Laufsteg?

Catwalk

Wer ist schön? Was ist perfekt? Zieht das vermeintlich Unperfekte mehr Aufmerksamkeit auf sich als wenn Jemand dem Standard entspricht? Vor allem in der Modewelt gibt es ein festes Schönheitsideal wie die Models auf den Laufstegen aussehen müssen. Unter dem Deckmantel von „Diversity“ (=Vielfältigkeit) haben in den letzten Jahren immer mal wieder Menschen, die nicht dem allgemeinen Verständnis von Schönheit entsprechen, ihren Weg auf Titelseiten und Catwalks gefunden. Was ist der Grund dafür, dass Designer ihre Kleidung von den etwas anderen Models präsentierten lassen?

Menschen mit Behinderung bekommen ihre eigene Modekollektion

Ausschließlich Models mit körperlichen Einschränkungen findet man in der aktuellen Kampagne „Tommy Adaptive“ des US-amerikanischen Designers Tommy Hilfiger, welcher bereits 2016 in Zusammenarbeit mit der gemeinnützigen Organisation „Runway of Dreams“ mit einer Linie für Kinder mit Behinderung an die Öffentlichkeit ging. Im Jahr 2017 wurde die Kollektion dann um Mode für Erwachsene erweitert und im Frühjahr 2018 sogar eine neue Werbekampagne mit Adaptive Models wie Paralympic-Star Amy Purdy, der querschnittsgelähmten Tänzerin Chelsie Hill, dem autistischen Koch Jeremiah Josey und Motivationsrednerin Mama Caxx gestartet. Das besondere an dieser Modelinie ist, dass die Kleidung anstatt mit Knöpfen mit Magneten ausgestattet ist und Reißverschlüsse mit Klettverschlüssen ersetzt werden, damit soll das selbstständige Ankleiden für Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung erleichtert werden.

Der einbeinige Comedian Josh Sundquist erklärt in einem unterhaltsamen Video wie die Tommy Adaptive Kleidung den Alltag erleichtern kann, schaut es euch an und überzeugt euch selbst:

Model mit Prothese: Mama Cax auf dem Runway in New York

Im Sommer 2018 hat das Label Chromat die Trends für die nächste Badesaison vorgestellt auf der New York Fashion Week und sich für die Präsentation ebenfalls das Model Mama Cax, in Badeanzug und Beinprothese, auf die Bühne geholt. Im Alter von 14 Jahren wurden bei ihr Knochen- und Lungenkrebs diagnostiziert, kurz darauf verlor sie ihr rechtes Bein. In den ersten Jahren nach ihrer Amputation versuchte sie ihre Behinderung möglichst zu verstecken, bis sie ihre Prothese akzeptierte und heute als Fashionaccessoires einsetzt. Neben Auftritten auf den Laufstegen, wurde sie als erstes Covermodel mt Beinprothese für die Titelseite der amerikanischen Teenvogue abgelichtet.

Agenturen suchen Models die nicht alltäglich sind

Auch in Deutschland gibt es Designer die auf die Diversity-Welle aufspringen, denn bereits 2011 wurde das deutsche Model Mario Galla, der mit einem verkürzten rechten Bein zur Welt kam, von Designern mit kurzer Hose auf der Berlin Fashion Week über den Laufsteg geschickt. Mittlerweile hat er schon für Hugo Boss, Michael Michalsky und United Colors of Benetton gearbeitet und über seine Erfahrungen im Modezirkus ein Buch geschrieben mit dem Titel „Mit einem Bein im Modelbusiness“.

Bis zu seinem Auftritt auf der Berlin Fashion Week hatten alle Designer von ihm verlangt seine Beinprothese durch lange Hosen zu kaschieren und sicher wurde der ein oder andere Job aufgrund seines Handicaps nicht an ihn vergeben. Sogar Beleidigungen wie „Du Krüppel“ musste er sich anhören, was ihn aber nicht davon abgehalten hat weiterzumachen. Heute ist er stolz darauf, dass er inzwischen sogar wegen seiner Prothese gebucht wird.

In Berlin gibt es zwischenzeitlich sogar eine Agentur die sich auf sogenannte „Misift-Models“ spezialisiert hat und auf der Suche nach Menschen mit besonderen Merkmalen ist. Das muss nicht unbedingt ein körperliches Handicap sein, sondern auch Alles andere was auffällt und nicht der Norm entspricht. Also wenn Jemand von euch Interesse an einer Modelkarriere hat und nicht 0815 ist, dann versucht doch mal euer Glück!

Paralympicsportler und Instagramstars vor der Linse

Das brasilianische Model Paola Antonini wurde 2014 von einem betrunkenen Autofahrer angefahren und ihr linkes Bein oberhalb des Knies amputiert werden. Dieser Schicksalsschlag hat sie aber nicht davon abgehalten weiter ihrem Beruf nachzugehen. Aufgeben war für sie nicht drin. Neben ihren Modeljobs z. B. für den Prothesenhersteller Össur, postet sie fleissig Bilder, bei denen häufig die Beinprothese zu sehen ist, in den sozialen Medien. Sie will der Welt zeigen, dass jeder für seine Ziele kämpfen und nie aufgegeben soll.

Um anderen Menschen Mut zu machen, wurde Paola 2016 zur Botschafterin für die Paralympics in Rio und geht regelmäßig in Krankenhäuser um dort Patienten mit bevorstehender Beinamputation zu stärken.

 

Ein Vorbild für Kinder zu sein und zu zeigen, dass man auch mit Beinprothese sexy sein kann, das war die Motivation von Paralympics-Athletin Brenna Huckaby um sich als erste Frau mit Behinderung für das Cover des Magazins „Sports Illustrated“ ablichten zu lassen. Vor acht Jahren wurde bei ihr ein bösartiger Knochentumor diagnostiziert und die Ärzte konnten Brenna nur durch die Amputation des rechten Beins retten.

Mit den Fotos, nur mit Bikini und Beinprothese, möchte sie anderen Mut machen und zeigen, dass sie stolz auf ihren Körper ist. Dieses Selbstbewusstsein hat sie überwiegend dem Sport zu verdanken und sie sagt der Sport hat ihr Leben verändert. Für viele Menschen gehen Behinderung und Sport im ersten Moment nicht zusammen, aber ein besseres Körpergefühl dadurch zu erreichen, dafür ist sie das beste Beispiel.

Dank Beinprothesen Modelmaße für den Laufsteg erreichen

Die Schottin Stacy Paris hat 2014 beide Beine verloren und den vermeintlichen Nachteil dafür genutzt sich auf Modelgröße einstellen zu lassen. Sie lies sich zehn Zentimeter höhere Prothesen anfertigen und misst damit 1,80 Meter.
Fleischfressende Bakterien hatten ihren Körper befallen, ihr musste das linke Bein amputiert werden. 2014 kehrte die Krankheit zurück, Stacy verlor auch das rechte Bein. Schon vor der Amputation hatte sie versucht Model zu werden, aber erst nach der zweiten Amputation nahm sie ab und konnte sich mit den neuen Prothesen ihren Traum erfüllen.
Wie ihr seht gibt es also viele Gründe warum mehr Menschen mit Behinderung auf die Laufstege dieser Welt gehören! Ich habe mich im Gegensatz zu Stacy zwei Zentimeter kleiner machen lassen, weil ich mich mit 1,76 Meter zu groß fand und wenn man schon die Möglichkeit hat seine Körpergröße flexibel einzustellen, dann sollte man das auch ausnutzen! 🙂

 

2 Kommentare zu „Inklusion auf dem Laufsteg?

  1. Liebe Estefania, vielen Dank für dein Feedback! Tatsächlich gibt es eine handvoll Models die mit Prothesen vor der Kamera stehen. Wie du schon richtig schreibst, liegt Schönheit immer im Auge des Betrachters und vielleicht schaffen wir es eines Tages, dass nicht nur 90/60/90 das gängige Schönheitsideal ist 🙂

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  2. Ich finde, dass gerade im Hinblick auf Fashion und Mode die Inklusion einen Raum hat. So fände ich es toll, wenn auf einer Modenschau auch Models mit Prothesen oder ähnlichem zu sehen wären. Schönheit ist sicherlich nicht von einer Prothese abhängig. Vielen Dank für den Beitrag zum Umgang der Fashionwelt mit der Inklusion.

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