Danke für dein Mitleid…davor ging es mir besser!

Parkplatz Rollstuhlfahrer

Oh mein Gott was ist Ihnen denn passiert?! Unfall?

Jeder der amputiert ist kennt das oder? Wildfremde Menschen quatschen einen an und sind manchmal nicht besonders feinfühlig. Wie reagiert man da am Besten darauf?

Bei mir hängt es immer von meiner aktuellen Gemütslage ab und was ich für einen ersten Eindruck von meinem Gegenüber habe. Wenn ich das Gefühl habe, dass reine Sensationsgeilheit im Vordergrund steht, gibts von mir ein knappes „Nein.“ als Antwort und Ende der Geschichte. Wenn ich erkenne, dass echtes Interesse besteht, bin ich bereit ein paar mehr Details zu erzählen.

Dass die Leute dann teilweise betroffen sind kann ich gut verstehen. Hey aber wenn ihr die Wahrheit nicht verkraftet, dann fragt nicht danach!!!

Meine Geschichte gibts nur auf Nachfrage. Man wird es nie erleben, dass ich bei einem Kennenlernen meine Behinderung in den Vordergrund stelle. Ja es ist ein Teil von mir und hat meine Persönlichkeit mitgeprägt, aber ich definiere mich nicht darüber und du wirst mich nie jammern hören! War einfach noch nie mein Ding.

Richtig wütend kann ich allerdings werden, wenn mich dann dieser mitleidige Blick trifft und vielleicht noch eine „gut gemeinte“ Bemerkung kommt wie: „Mei Sie sind ja no so jung…“ oder „So schlimm…“.

Wie kommt das bei mir an?

Als ob sich mein Gegenüber eher einen Strick nehmen würde, als „so behindert“ weiterzuleben wie ich. Natürlich habe ich mir das für mein Leben auch nicht gewünscht, dass mich das Schicksal so hart trifft und deswegen verletzt es mich auch, wenn mir Andere das Gefühl geben, dass mein Leben keinen Wert mehr hat in ihren Augen. Ich verstehe auch, wenn es andere ängstigt, wenn sie sich vorstellen, dass ihnen so etwas passiert. Aber eine Amputation kann Jeden treffen und was würdet ihr dann erwarten, was die Gesellschaft für ein Bild von euch hat? Krüppel? Leistungsgesellschaft ade? Beinamputation = Gehirnamputation?

Wie viel Energie die Leute immer darauf verwenden „normal“ zu sein, anstatt in ihre Individualität. Ich verstehs nicht. Angeblich will doch Jeder einzigartig sein und dann tragen, machen, essen und hören die meisten das Gleiche. Menschen die wirklich anders sind als die gängige Norm, werden immer noch schief angeschaut. Deswegen trauen sich viele nicht ihr Anderssein zu zeigen.

Mein Beitrag ist im Kleinen, dass ich meine Prothesen offen zeige. Wenn sich dadurch andere Menschen unwohl fühlen kann ich da leider keine Rücksicht darauf nehmen. Schließlich ziehen sie sich für mich auch keine Tüte über den Kopf, weil ich vielleicht ihre Nase nicht mag.

Kennt ihr das Rollstuhlfahrer Bullshit-Bingo? Falls nein, dann schaut doch mal wie viele der Sätze ihr euch schon mal im Alltag anhören durftet.

Ein Hoch auf das Anders sein, ein Hoch auf Leute die anecken, ein Hoch auf die Leute die die Norm durchbrechen! Sie ebnen den Weg für die Freiheit von morgen und stecken dafür die Kritik ein, weil sie nicht in das Schubladendenken von heute passen. Wenn Haus bauen, Kinder kriegen und Baum pflanzen euer Lebenstraum ist, dann folgt ihm. Aber wenn ihr lieber eine Lamafarm auf Honolulu gründen wollt oder euer Hobby zum Beruf machen wollt und dafür auf die üblichen Statussymbole verzichtet, dann macht das auf jeden Fall! Lebt ihr das Leben das ihr wollt oder welches die Gesellschaft von euch erwartet?

Zum Abschluss noch eines meiner Lieblingszitate:

People ask how I stay so positive after losing my legs… I simply ask how they stay so negative with theirs. (by Johnny Jones)

Wie seht ihr das?

Eure CarbonEla

7 Kommentare zu „Danke für dein Mitleid…davor ging es mir besser!

  1. Hallo Daniela, ich bin nicht amputiert, sondern habe eine Seheinschränkung. Absolut unsichtbar, ausser du willst mit mir einen großen Ausflug machen oder durch die Dunkelheit laufen.

    Ja, es nervt. Und gleichzeitig sagt es doch so viel mehr über die Menschen aus als über mich. Manchmal macht es mich auch stolz, weil ich merke, wie viele Schritte ich in mir selbst schon gesetzt habe, ganz bewusst, um so im Leben zu stehen, wie ich es jetzt stehe. Und weil ich merke: Ich konfrontiere sie mit ihren eigenen Ängsten, darüber sprechen sie eigentlich gerade. Das hat wenig mit mir zu tun. Ich bin über die Ängste schon hinweg, die sie mir aus sich selbst spiegeln!

    Meine Seheinschränkung ist nicht vorstellbar – noch nicht einmal für andere mit schiefen Augen. Weil das unglaublich individuell ist. Mitleid gibt es daher wenig, Mitgefühl aber auch nicht. Leute fragen dann eher unvermittel: „Was siehst du denn eigentlich?“ Und dann frage ich zurück: „Wofür möchtest du das wissen?“. Die Antwort darauf sagt viel aus.
    Herzlich, Anne (aka SEHHELDIN)

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  2. Dankeschön ^^, ja es ist ein Stück Freiheit so aus zu sehen wie ich will, aber man muss für alles immer etwas hartnäckiger kämpfen, weil einen oft die Leute nicht ernst nehmen oder völlig falsch einschätzen, nur aufgrund ihrer vielen falschen Vorurteilen. Um so mehr muss man sich halt beweisen dann. Und ja freue mich auch endlich mal eine tolle Stelle bekommen zu haben und hoffe es bleibt so super 😊.

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  3. Haha ja seh ich genauso und wenn man sowieso schon immer so anders und speziell aussieht wie ich, dann fällt das nach der ampu fast kaum Noch auf xD. Aber vorher waren es nur dumme komische fragende Blicke und jetzt sind es erstaunte und begeisterte 😜👍

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  4. Wiedermal ein toller Beitrag. Ich kann das alles nur genau so wieder geben wie du es gesagt hast. Anders sein ist für mich auch frei sein. Ich lebe meine Vorstellung vom Leben und wer damit nicht klar kommt, kann gehen. Jeder sollte sein eigenes Leben führen und vorallem seine eigenen Wünsche und Träume entwickeln und auch versuchen um zu setzen. ☺️✌️❤️

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