Stigmata: Trauma und Ängste

Trauma und Ängste

Bin ich traumatisiert?

Diese Frage habe ich mir lange nicht gestellt. Für meine Außenwelt bin ich der positive und starke Mensch den sie von früher kennen und den sie sehen wollen. Natürlich bin ich noch immer dieser Mensch, aber ganz tief, irgendwo im Unterbewusstsein, haben sich schmerzerfüllte Erinnerungen und damit verbundene Ängste eingegraben.

Ich habe das große Glück das tun zu können worauf ich Lust habe, mich auf ein super soziales Umfeld verlassen zu können und auch sonst darf ich mich nicht beschweren. Aber dann gibt es diese Situationen, da befreien sich diese Ängste und die Erinnerungen drücken mir die Luft zum Atmen ab.

Eine dieser Situationen war letztes Jahr im Sommer. Ich hatte eine Entzündung im linken Stumpf und habe meinen Orthopäden aufgesucht und dieser hat mich dann wegen erhöhter Entzündungswerte direkt in die Notaufnahme des Krankenhauses geschickt, in dem ich über 8 Monate stationär lag und meine Beine amputiert wurden. Es war ein schöner Sommertag und entsprechend viel Trubel war in der Notaufnahme geboten und ich musste über 2 Stunden im Warteraum ausharren. Könnt ihr euch schon denken wie die Geschichte weitergeht?

Gestresste Ärzte in weißen Kitteln, der nur allzu bekannte Geruch aus Desinfektionsmittel und Krankheit, die Sanitäter die Menschen mit offenen Wunden an mir vorbeigefahren haben, der Rettungshubschrauber der in regelmäßigen Abständen zu hören war und immer neue Opfer brachte, selbst der Klingelton des Stationstelefons hatte sich in meine Erinnerung eingebrannt. Ich war einfach zu lange in diesem Krankenhaus weggesperrt, habe so viel Schlimmes selbst erlebt und bei Anderen miterleben müssen, dass ist nicht spurlos an mir vorbeigegangen.

Je länger die Wartezeit war umso mehr hat sich mein Kopfkino verselbstständigt. Ok ich seh jetzt schon den ein oder anderen von euch mit den Augen rollen und denken „Idiotin“. Rückblickend betrachtet hätte ich einfach einen Cut machen müssen, Jemand anrufen und bitten zu mir in die Notaufnahme zu kommen und mit mir zu warten. Hab ich aber nicht gemacht, sondern mich schön reingesteigert und bis ich dann endlich dran war hatte sich meine Angst wegen so einer vermeintlichen Lappalie wie damals wieder stationär aufgenommen zu werden (wir wissen wie das beim letzten Mal ausgegangen ist) so hochgeschraubt, dass ich dem total ahnungslosen Assistenzarzt als erstes unter Tränen entgegengebracht habe: „Ich werde keiner stationären Aufnahme zustimmen, egal was bei der Untersuchung rauskommt!“

Geile Aktion oder? 😀

Ich bin schon manchmal so eine Heldin und mach dann meinen Standpunkt klar, bevor der Arzt überhaupt die Chance hat mein Wehwehchen anzuschauen… Er hat dann allerdings ziemlich cool reagiert und ich hab mich dann auch beruhigt und ihm erklärt, warum ich so gar keinen Bock auf diesen Laden hier habe. Am Ende des Tages hat er mich mit Antibiotika nach Hause geschickt und ich hatte dann Prothesenverbot für ein paar Wochen.

Was hätte ich machen können damit ich nicht in so einen Gefühlsstrudel gerate?

-> Ich hätte einen Menschen meines Vertrauens von vornherein bitten sollen mich zu begleiten

-> Da es sich um keine lebensbedrohliche Situation gehandelt hat, hätte ich gegen den Rat meines Orthopäden ein anderes Krankenhaus aufsuchen sollen. In München gibt es davon ja genügend.

-> Ich hätte nicht die ganze Zeit im Wartezimmer sitzen bleiben und somit meine alten Krankheitsgeschichten wieder beschwören sollen. Wahrscheinlich hätte es gereicht mir einen Kaffee zu holen und eine Runde durch den Krankenhauspark zu gehen.

Im Nachhinein ist man immer schlauer, aber es hat mir die Augen dafür geöffnet, dass es da offensichtlich noch etwas gibt was tief in mir schlummert und durch die richtigen Trigger wieder an die Oberfläche gespült werden kann.

Im Nachgang hab ich mir auch verschiedene Sachen durchgelesen und noch folgende Tipps gegen sinnloses Grübeln gefunden:

  1. Atemübungen: Sind im Grunde einfache Übungen die Jeder überall durchführen kann und einen zur Ruhe bringen sollen. Es gibt jede Menge davon z. B. diese Atemübung auf youtube
  2. Schriftlichkeit: Man soll schriftlich festhalten was einem gerade durch de Kopf geht und belastet. Dann die Situation rational bewerten wie man sie niedergeschrieben hat und die next steps festhalten.
  3. Ressourcenalphabet: Versuchen für jeden Buchstaben im Alphabet eine positive Eigenschaft zu finden die man sich zuschreibt und überlegen wie man diese in der Vergangenheit, Gegenwart und in der Zukunft für sich nutzen kann.
  4. Tapping oder auch Klopftechnik genannt, Anleitungen gibt es auch auf youtube

Es gibt noch einiges mehr wie Yoga oder Achtsamkeitsübungen die einen in solchen Situationen helfen sollen, jedoch klappt das nicht von heute auf morgen, sondern erfordert Übung.

Vielleicht habt ihr für euch schon eine Technik gefunden die bei euch in solchen Situationen funktioniert. Bin für Tipps dankbar!

Eure CarbonEla

 

 

2 Kommentare zu „Stigmata: Trauma und Ängste

  1. Danke dir für deine Geschichte, denke es geht vielen so, aber man will ja immer die Starke sein…also bei mir ist das zumindest so 😔 Freut mich, dass dir mein Blog gefällt! Du machst aber auch einen super Job und das wir unterschiedliche Herangehensweisen ans bloggen haben, macht’s ja grade eben interessant 😊👍LG

    Like

  2. Ich verstehe dich zu gut bei mir war es alles wo ich jünger war, noch mit steifen Bein, auch immer ein emotionales theater. Ich hab regelmäßig die Ärzte zur sau gemacht als ich noch jünger war und ständig wegen allem geheult. Als ich dann älter wurde und nicht mehr zur Kontrolle oder ähnliche musste, war ich dann einmal zu Besuch im Krankenhaus und ich hatte total Panik als ich nur die Betten gesehen habe. Ich konnte Jahre lang keine Tropfständer ansehen, wegen der ekligen Chemo als Kind. Mir wurde sofort schlecht und Unbehagen. Zum Glück ist das bei mir endlich besser geworden alles. Vorallem seit meiner Amputation, damit konnte ich endlich was positives mit dem Krankenhaus verbinden. Aber ich denke tief in uns schlummert immer etwas, bei jedem der mal sowas oder ähnliches durch machen musste. Ich finde deinen Blog übrigens so klasse, du schreibst so ganz anders als ich und es ist immer so toll informativ und hilfreich. Sehr schön ich lese deine Sachen sehr gern. ❤️Liebe Grüße

    Like

Hinterlasse einen Kommentar